Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats Mai 2016
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 50: Blauer Eisenhut (Aconitum napellus)

In dieser Jubiläumsfolge, der 50., geht es etwas düster zu: Der Blaue Eisenhut ist die giftigste Art unserer heimischen Flora. Alle Teile der bis anderthalb Meter hohen Staude mit den dunkelblauen Blüten sind giftig, besonders die Samen und die Wurzel. Schon 2 Gramm der Wurzel sind tödlich. Diese Giftigkeit ist Ursache für weitere volkstümliche Namen wie Gifthut, Teufelswurz, Wolfsgift, Würgling oder Ziegentod.

Im antiken Griechenland hieß es, der Eisenhut sei aus dem Geifer des Höllenhundes Zerberus entstanden, als Herakles ihn auf die Erde gezerrt hatte. Die Pflanze war das Attribut der Hekate, der Göttin der Magie in der griechischen Mythologie, einer Zauberin und Giftmischerin. Der römische Historiker und Naturkundler Plinius der Ältere aus dem ersten Jahrhundert nach Christus nannte den Eisenhut „pflanzliches Arsen“.

Giftigen Pflanzen haben Menschen immer besonderes Interesse entgegengebracht. Sie wurden zum einen als Heilmittel eingesetzt. Aconitum wurde im Laufe der Jahrhunderte etwa schmerzstillenden Augenmitteln zugesetzt,  diente als Giftköder in einer Salbe, die Läuse und Nissen vertreiben sollte, oder wurde gegen Nervenschmerzen eingesetzt. Außerdem sollte Eisenhut giftige Skorpione vertreiben können – man musste dem Tier nur den Wurzelstock entgegenhalten.

Doch die hochgiftige Pflanze wurde auch anders genutzt: nämlich zum Morden. Der Extrakt aus dem Blauen Eisenhut wurde „Poudre de succession“ genannt, also „Erbpulver“. Laut Marianne Beuchert berichtete der Forschungsreisende Wilhelm Filchner 1930 aus dem Himalaya über eine dortige Aconitum-Art: „Frauen, die ihre Ehemänner schnell loswerden wollen, kochen die Wurzel, tauchen den Rock des Mannes in die Flüssigkeit und lassen ihn wieder trocknen. Zieht der Mann den Rock über, dringt das Gift durch die Poren in den Körper und vollendet das Zerstörungswerk in wenigen Stunden.“ Nachdem in Indien die Witwenverbrennung eingeführt wurde, sei die Lebenserwartung reicher Männer sehr gestiegen…

Das bekannteste Mordopfer durch Eisenhut ist wohl der römische Kaiser Claudius (Regierungszeit 41 bis 54 n. Chr.). Seine vierte Frau Agrippina soll ihm das Gift während eines Staatsbanketts unter die exotischen Gerichte gemischt haben.

Im Mittelalter galt der Eisenhut als ein Bestandteil der Flugsalben, mit denen sich „Hexen“ einrieben, um fliegen zu können. Wird Aconitum äußerlich aufgetragen, entsteht ein prickelndes Gefühl und kommt es zur Illusion, dass aus der Haut Federn oder Fell wachsen würden. Solche Tierverwandlungen wurden als typische Eigenschaften von Hexen angesehen. Das hochgiftige Alkaloid Aconitin wirkt in ganz schwachen Dosen wohl wie eine halluzinogene Droge.

Der Blaue Eisenhut galt als Pflanze des Satans. Das ist heute vergessen. Inzwischen ist der Eisenhut eine traditionelle Zierpflanze und wächst in vielen Gärten.

Quellen:

Katalog der Ausstellung „Druidenfuß und Hexensessel – Magische Pflanzen“ im Frankfurter Palmengarten, Marianne Beuchert: „Symbolik der Pflanzen“ sowie verschiedene Internetseiten

Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de

Alle Heilpflanzen des Monats

Die blaue Blüte wirkt wie ein Hut, deshalb „Eisenhut“. Andere Namen sind Sturmhut oder Mönchs,-, Fischer oder Reiterkappe. In der nordischen Mythologie heißt die Pflanze „Wodanshelm“. Wenn der Gott sich die Blüte überstülpte, wurde er unsichtbar.
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